Ventura - und was wird aus älteren Geräten?
Jedes Jahr erneut
Wie bei jedem neuen System der letzten Jahre führt Apple Mac OS und iOS immer weiter zusammen. Einerseits gut, lässt sich doch so der digitale Workflow nahtlos fortsetzen. Andererseits wird es am Mac für langjährige Nutzer immer schwieriger, sich zu orientieren. In den Systemeinstellungen muss man nach wirklich essentiellen Einstellungen lange suchen, oder eben die Suchfunktion bemühen. Aber das finden wir, passt eigentlich nicht zu Apple, denn Apple hat bisher immer Software für den (nicht Technik affinen) Menschen gemacht. Und daher verstehen wir es nicht, das man Einstellungen, die es auf iPhone und iPad nie geben wird (Beispiel Time Machine), die aber am Mac essentiell sind, in Untermenüs verstecken muss.
Die Option, Time Machine hingegen jetzt in den Zeitplänen etwas anzupassen, gefällt uns gut. Es läßt sich jetzt stündlich, täglich oder wöchentlich sichern.
Haben Sie sich nach dem Upgrade auf Ventura auch gefragt, wo das bekannte WLAN Tortenstück in der Menüleiste hin verschwunden ist? Sie bekommen es zurück, wenn Sie oben rechts auf das Kontrollzentrum gehen, und dann dort das WLAN Symbol mit gedrückter Apfel (cmd oder command Taste) in die Menüleiste ziehen.
Sicherheitsmaßnahmen
Auch wenn es die meisten Benutzer nervt, das Apple die Sicherheitsmaßnahmen immer restriktiver gestaltet, es macht Sinn. Der Mac wird nicht ewig auf der seeligen Insel weilen können.
Hierauf zielen auch die schnellen Sicherheitsmaßnahmen ab, sogenannte RSR, „rapid security responses“. Mini Sicherheitsupdates, die an Hand eines Buchstabens hinter der Betriebssystemversion zu finden sind.
Außerdem hat Apple jetzt viele Startobjekte, die sich sonst nur kundigen Benutzern unter den Launch Agents und Lauch Daemons offenbarten, auch in den Systemeinstellungen sichtbar gemacht. Malware oder Adware schleicht sich gerne hier ein. Wobei wir auch hier wieder mangelnde Konsistenz bemängeln in der Anordnung. Zu finden ist die Einstellung jetzt in den Systemeinstellungen unter Allgemein.
Bei früheren Systemen gab es Anmeldeobjekte unter den Benutzerkonten, jeweils benutzerspezifisch. Oder aber Systemweit in den Launch Agents und Lauch Daemons. Warum nicht unter Datenschutz ablegen? Das hätte unserer Ansicht nach mehr Sinn gemacht.
Was ist wirklich neu?
Neu sind die bereits vom iPhone bekannten Apps Wetter und die Uhr.
Ob man die am Rechner wirklich braucht, Ansichtssache. Was jedoch eine tolle Neuerung ist für diejenigen, die die Applikation „Fotos“ benutzen, ist die Suche nach Duplikaten.
je nach Rechnertyp dauert dies zwar gefühlt eine Ewigkeit, aber so kann man die eigene Fotosammlung vom Ballast der letzten Jahre befreien. Danke Apple!
Ob der Stage Manager nötig gewesen wäre, da scheiden sich die Geister. Wer viel gleichzeitig geöffnet hat, kann damit ein bisschen mehr Ordnung und Überblick schaffen. Aktivieren lässt er sich in den Systemeinstellungen unter „Schreibtisch & Dock“.
Apple Mail kann jetzt zeitverzögert senden. Ein nettes Gimmick für alle diejenigen, die zu schnell den senden Knopf drücken. Wirklich zurückholen lässt sich damit eine Mail natürlich nicht, jedenfalls nicht, wenn sie den Rechner bereits verlassen hat. Aber manch einem mag dies eine Hilfe sein.
Eine weitere nette kleine Ergänzung ist das Erweitern des Displays auf ein vorhandenes iPad. Wobei das wohl den Wenigsten wirklich nützen wird. Denn ab welcher Größe macht es Sinn, das Display zu erweitern? Wer schleppt schon ein 12,7“ iPad zusätzlich zu einem MacBook Air oder Pro durch die Gegend? Und warum geht das Koppeln nur, wenn beide Geräte per iCloud mit dem selben Account verbunden sind?
Display auf iPad erweitern
Und dann muss auch noch die Zweifaktor Authentifizierung aktiviert sein, warum? Das Erweitern des Monitors ging bereits früher, mit Drittanbieter Software wie Astropad oder Duet. Hier hat Apple nur abgekupfert, mit iCloud Zwang. Unverständlich.
Leider finden sich, auch nach fast einem Jahr, immer noch ein paar gemeine Bugs in Ventura. Wenn man VPN Verbindungen aus einem alten System migriert, funktionieren diese anfänglich einwandfrei. Nach einiger Zeit verlangen sie dann aber entweder nach der Passwort Eingabe oder auch nach dem Shared Secret. Hier hilft nur ein Löschen und dann neu Anlegen der Verbindung.
Über das Gendern gehen die Meinungen ja sehr auseinander. Wo wir dieses auf jeden Fall fraglich finden, ist beim Benutzer Ordner. Da steht jetzt nämlich „Benutzer:innen“. Das Apple System hat ein Unix/Linux System als Unterbau, und da ist in Dateinamen ein Doppelpunkt ein No-Go. Wie Apple das hier gelöst hat, keine Ahnung. Bisher sind uns diesbezüglich noch keine Fehler aufgefallen, wir bleiben hier aber skeptisch, zumal dies ja auch nur landes-spezifisch ist, im Englischen gibt es kein Gendern, obwohl der Begriff dort her kommt.
OpenCore
Und zum Schluss kommt jetzt ein wirklich erfreuliches Projekt, was allerdings gar nicht von Apple kommt. Vermutlich ist es Apple sogar eher ein Dorn im Auge. Wir finden es trotzdem Klasse, weil es die beste Umweltschutzmaßnahme ist, die wir uns vorstellen können.
Mit jedem neuen System fliegen bei Apple Rechner aus der Liste der unterstützten Geräte. Und das ist bitter, denn wenn es keine Sicherheitsupdates mehr gibt, ist der Rechner plötzlich nur noch Elektroschrott. Uns graut ehrlich gesagt schon vor der Zeit, wenn sich dieses Prinzip auch bei Elektroautos durchsetzen wird. Keine Softwareupdates mehr, keine Fahrerlaubnis mehr. Zum Glück ist es noch nicht so weit. Am Mac kann man diese Spanne zwar noch immer etwas ausdehnen, z.B. durch die Verwendung eines Fremdbrowsers wie Firefox oder Chrome. Hier werden auch ältere Systeme unterstützt. Aber irgendwann ist natürlich auch hier Schluss. Mal abgesehen davon, das die groben Sicherheitslücken meist im System stecken. Und sich natürlich iCloud & Co. sehr schnell nach Auslaufen der Support Zeit nicht mehr nutzen lassen. Aber zum Glück gibt es hier inzwischen Abhilfe, Dank OpenCore.
OpenCore ist ein OpenSource Projekt, das, einfach gesagt, dem Rechner vorgaukelt, er wäre deutlich neuer. Hierzu installiert man entweder auf einem USB-Stick, einer SD-Karte oder auch auf der internen SSD eine angepasste Firmware.
Jeder Mac hat dieses sog. EFI (Extended Firmware Interface). Und so lässt sich selbst auf über 10 Jahre alten Rechnern noch ein aktuelles System installieren. Voraussetzung ist natürlich, das die Hardware einigermaßen Leistung liefern kann, also eine schnelle SSD verbaut wurde und ausreichend RAM vorhanden ist. Aber das lässt sich ja, zumindest bei den alten Rechnern, meist nachrüsten.
Wieviel Arbeit im OpenCore Projekt steckt, lässt sich nur schwer erahnen. Denn gerade bei den Rechnern, wo sich nur schwerlich bis gar nicht die Grafikkarten tauschen lassen, müssen ständig die Treiber angepasst werden, da Apple natürlich diese Hardware im neuen System nicht mehr mit einpflegt. Diese kommen im Anschluss an die Installation durch die sog. „Root Patches“ ins System. Dies ist auch der einzige Haken an OpenCore: bei jedem Update muss man aufpassen, das man vor dem Update OpenCore aktualisiert, da man ansonsten Gefahr läuft, das der Rechner nach dem Update nicht mehr startet. Wer das Prozedere aber einmal verstanden hat, kann mit OpenCore die Laufzeit seines geliebten Macs um einige Jahre verlängern. Und das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern vor allem die Umwelt, da es Ressourcen spart. Und das finden wir, ist das Beste, was wir für unseren Planeten tun können.
Was das recyceln alter Hardware angeht, gehen wir inzwischen sogar noch weiter. Wenn die Reparatur eines iMacs denn gar nicht mehr lohnt, weil Netzteil oder Grafikkarte defekt sind und das Gerät auch noch nicht mit RAM oder SSD aufgerüstet wurde, dann kann man den iMac mit etwas Aufwand noch als Monitor weiter betreiben. Hierzu „Entkernt“ man ihn und baut alles an Hardware aus. Übrig bleibt dann nur das Gehäuse und das Monitor Panel. Meist stammt dieses von Samsung. Hat man die genaue Bezeichnung, kann man hierfür das passende Steuerungsboard bestellen und mit etwas Handwerklichem Geschick in den ehemaligen iMac einbauen. Inzwischen gibt es diese Boards nicht nur mit HDMI oder Displayport Anschluss, sondern sogar mit USB-C. So lässt sich ein alter iMac 27“ als Monitor an einem aktuellen MacBook Pro betreiben und bekommt derart ein zweites Leben geschenkt. Schick aussehen tut er auf jeden Fall.